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Rechtsanwalt in Italien

26 März 2012, Nicola Canestrini

Der italienische Gesetzgeber befasst sich im Zuge der (mehrmals angekündigten jedoch nie verwirklichten) Reform der Justizgesetzgebung auch mit der Neuregelung der Zulassung zur Anwaltsprofession, auch um die Einhaltung der Berufsordnung (und eine faire Anwendung der Anwaltstarif) und die Kenntnis der italienischen Rechtsordnung (inklusive Strafprozess und Zivilprozess) seitens der Anwälte garantieren zu könnnen.

Nach den jetzigen Regelungen gibt es in Italien keinen "Einheitsjuristen", so dass man sich nach dem (nicht besonders praxisorientierten aber einheitlichen) universitären Teil der Ausbildung entscheiden muss, welchen Beruf man ergreifen will.

Jeder der juristischen Berufe (Rechtsanwalt, Richter, Notar) hat dann einen eigenen Ausbildungsweg.

Nach den neuen Regelungen soll der Abschluss des Universitätsstudiums mit dem Erwerb einer "laurea specialistica" als Voraussetzung für die juristischen Berufe weiterhin bestehen bleiben.

Der Zugang zur Anwaltschaft ist in Italien aufgrund der jetzt geltenden gesetzlichen Regelungenauf nur durch ein Praktikum bei einem Anwalt möglich: dieses Praktikum muss allerdings keinen so strikten Vorgaben folgen wie das deutsche Referendariat und wird auch selten vergtütet. Nach dem ersten Jahr ist die Zulassung zu minderen Gerichtsbarkeiten (Friedensrichter u.ä.) möglich. Zum Nachweis der ordnungsgemäßen Ausbildung müssen die Anwaltsanwärter (auch "Praktikanten" genannt) ein Ausbildungsbuch führen, in dem sie die Verhandlungen, denen sie beigewohnt haben (mindestens 20 pro Semester), die Schriftsätze, bei deren Erstellung sie mitgewirkt haben und die Rechtsfragen, bei deren Beantwortung sie mitgewirkt haben, eintragen müssen.

Will der Anwaltsanwärter sich einen Teil des Praktikums ersparen, ist der parallele Besuch einer Anwaltsschule möglich. Deren Besuch ist zwar keine Voraussetzung für die Aufnahme in die Anwaltschaft, bringt jedoch erleichterte Aufnahmebedingungen mit sich. Der Besuch der Kurse an der Schule ist obligatorisch und umfasst insgesamt 500 Stunden didaktischen und praktischen Unterrichts. Dafür wird ein Teil des Praktikums erlassen.

Um nach den 1 1/2 Jahren in die Anwaltschaft aufgenommen zu werden, müssen drei achtstündige schriftliche und eine mündliche Prüfung bestanden werden. Bei den Prüfungen haben die Kandidaten mit Rechtsprechung kommentierte Gesetzesausgaben zur Verfügung.

Ist die Aufnahmeprüfung absolviert, kann der Anwaltsberuf vor allen Landes- und Oberlandesgerichten in Italien ausgeübt werden; allerdings werden bei den höchsten Gerichten, dem Kassationsgericht sowie dem Staatsgericht für Verwaltungssachen, gesonderte Listen über die Postulationsfähigkeit geführt, welche das Bestehen einer zusätzlichen Zulassungsprüfung oder eine 12-jährige Erfahrung voraussetzt.

Die Figur des "Fachanwaltes" kennt das italienische System (leider noch) nicht; grundsätzlich kann jeder Anwalt sowohl im Strafrecht, wie im Zivilrecht oder Verwaltungsrecht gleichermassen tätig sein.

Deshalb sollte der Mandant vesonders auf den beruflichen Werdegang des Anwaltes achten und kritisch prüfen, um den Schwerpunkt der Tätigkeit zu erkennen.

Ein angestrebtes Ziel des Gesetzgebers (und der italienischen Kammer der Anwälte) ist die Limitierung der Zahl der zugelassenen Anwälte.

Gemäss der Angaben der italienischen Kammer der Anwälte (Consiglio nazionale forense) waren 2008 198.041 Rechtsanwälte tätig; heute schätzt man die Anzahl der tätigen Anwälte in Italien um die 230tausend (pro 100tausend Einwohner sind in Italien ungefähr 290 Anwälte tätig, in Deutschland za. 168, in Frankreich um die 76 und in Grossbritannien zirka 22).

Derjenige, der die Anwaltsprofession ausübt, muss gemäss der letzten Reform in einer regelmäßigen Überprüfung ein vorgeschriebenes Minimum an Geschäftsanfall vorweisen; zudem unterliegt die Anwaltsprofession der Versicherungspflicht. Werden diesen strengen Auflagen nicht erfüllt, droht dem "avvocato" der Verlust der Zulassung.

Natürlich ist es unter gegebenen Umständen auch für europäische Anwälte möglich, auch in Italien als Anwalt tätig zu sein (mehr dazu unter dem Link Berufsausübung europäischer Anwälte in Italien).